Trisomie 21 Zuhause

„Chancengleichheit besteht nicht darin, dass jeder einen Apfel pflücken darf, sondern dass der Zwerg eine Leiter bekommt.“ 

Reinhard Turre

Meine Motivation hinter der Ausstellung.


Down-Syndrom oder auch Trisomie 21 ist ein Thema, das mich seit dem 21.03.2023 beschäftigt und für mich präsent geworden ist. Ein Thema, über das ich keine Ahnung hatte, bevor ich selbst aktiv damit konfrontiert wurde. Ein Thema, das bis heute noch viele Stigmata hat und über das zu wenige Menschen wirklich Bescheid wissen. Kann man es den Unwissenden verübeln? Nein. Darf ich sauer auf Fachkräfte sein? Definitiv. Denn gerade hier, gibt es viel zu viele Lücken und viel zu wenig Empathie. 


In Deutschland leben derzeit ca 50.000 Menschen mit Trisomie 21. Interessanterweise ist die Abtreibungsrate bei Diagnose eines Down-Syndroms im Vergleich zu anderen Ländern relativ niedrig, beträgt jedoch leider immer noch 90%​. Die Pränataldiagnostik spielt eine große Rolle in diesen Zahlen. In Europa führen die pränatalen Tests dazu, dass viele Schwangerschaften mit Down-Syndrom nicht ausgetragen werden. Ohne solche Abtreibungen würden etwa doppelt so viele Kinder mit Down-Syndrom geboren werden.


Gemeinsam mit einem Unternehmen und der Down-Syndrom-Gruppe Ansbach durfte ich dieses unglaublich wichtige Projekt gestalten. 23 Familien durfte ich in ihren eigenen vier Wänden besuchen und das Leben mit einem Familienangehörigen mit Down-Syndrom fotografisch festhalten. Die Bilderausstellung trägt den Namen "Trisomie 21 Zuhause." Warum? Jeder, der die Erfahrung gemacht hat, ein Kind mit DS auf die Welt zu bringen, versteht es: Zuhause sein. Nach all den Tests, Krankenhausaufenthalten, Terminen, Beantragungen usw. ist man einfach dankbar, zuhause zu sein. Denn darauf kommt es an: Ein Leben mit Down-Syndrom ist möglich, unglaublich schön und wertvoll. Ein Familienmitglied mit Down-Syndrom zu haben, ist ein wahres Geschenk.


Ich wünsche mir, dass die Ausstellung große Runden macht. Ich wünsche mir, dass vor allem Fachkräfte sich mehr für das Thema einsetzen und ich wünsche mir, dass auch Menschen mit Down-Syndrom ein lebenswertes Leben in unserer Gesellschaft führen können. Denn sie leisten einen extrem wertvollen Beitrag.


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"Trisomie 21 Zuhause"

David

David ist unser erstes Kind. Wir haben uns dagegen entschieden, eine pränatale Diagnostik zur Feststellung von Trisomien durchzuführen, weil wir der Meinung waren, dass es für uns keine Konsequenzen haben würde und wir unser Kind so akzeptieren würden, wie es ist.

David kam eine Woche vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt.

Die Geräusche des CTG waren im Kreißsaal auffällig, daher wurde ziemlich schnell ein Notkaiserschnitt durchgeführt. Nachdem wir auf unser Zimmer gebracht wurden, wurde David noch einmal zur Kontrolle zu den Schwestern gebracht, aber nicht mehr zu uns zurückgebracht. Als die Ärztin hereinkam, informierte sie uns darüber, dass Davids Sauerstoffversorgung nicht ausreichend war und er nach Fürth verlegt werden müsse. Nach 7 Stunden sahen wir David dann auf der Intensivstation in Erlangen wieder, wo uns berichtet wurde, dass David einen Herzfehler hat. Der Herzfehler wurde mit 7 Monaten operiert und wir wurden hervorragend in der Klinik versorgt. Das Down-Syndrom wurde nach einem genetischen Test, etwa 4 Monate nach seiner Geburt, bestätigt. Ehrlich gesagt, war für uns seit dem Tag seiner Geburt klar, dass wir David, egal welche Diagnose er hat, ob Trisomie 21 oder nicht, einfach nur gesund und glücklich leben sehen möchten, und dass wir alles dafür tun werden.

Die Reaktionen der Menschen auf das Down-Syndrom waren

gemischt. In Amerika ist es viel üblicher und "normaler", wenn jemand

das Down-Syndrom hat, und es wird deutlich mehr Inklusion praktiziert. Daher war es für die Familie von Davids Papa aus Amerika kein großes Ding, dass er das Down-Syndrom hat. Das wünschen wir uns auch hier in Deutschland, dass David einfach akzeptiert wird, wie er ist, und dass das Down-Syndrom nicht im Mittelpunkt steht. Vor allem möchten wir, dass es als etwas betrachtet wird, was zu unserer Gesellschaft gehört und gehören darf. Wenn hier mehr Aufklärung stattfindet und man mehr Berührungspunkte zu Menschen mit Down-Syndrom hat, merkt man, dass es nichts ist, vor dem man Angst haben muss, sondern dass es sogar etwas ganz Wunderbares ist. David kam zu uns, um viele positive Veränderungen zu bewirken.

Wir glauben daran, dass er noch viel Tolles auf dieser Welt erreichen wird, da er das größte und stärkste Herz hat. Wir freuen uns schon so sehr darauf, was wir alles noch von ihm lernen dürfen.


Mia

Wir erfuhren von Mias Trisomie 21 und ihrem Herzfehler in der 21. Schwangerschaftswoche.

Wir hatten unseren Termin zum großen Ultraschall, die Frauenärztin meinte, sie könne den 4-Kammerblick vom Herzen nicht darstellen, da die Kleine so herumturnte. Wir machten also einen Termin beim Feindiagnostiker aus und waren direkt 4 Tage später dort. Dr. Schälike fand nach ein paar Minuten heraus, dass sie herzkrank ist und dieser Herzfehler sehr typisch für Trisomie 21 ist. Außerdem hatte Mia ein paar Softmarker, welche auch auf die Behinderung hindeuteten.

Wir machten die Fruchtwasseranalyse, und der Verdacht bestätigte sich wenige Tage darauf. Wir waren völlig überfordert, es zog uns den Boden unter den Füßen weg. Flo meinte direkt, dass er es nicht kann, und ich funk- tionierte in dem Moment nur noch, hörte dem Arzt zu und wollte einfach, dass dieser Alptraum vorbei ist. Der Arzt setzte sich aber so für Mia ein.

Er fragte mich, was mein erstes Gefühl sei, und sofort schoss es aus mir heraus: „Ich kann sie nicht abtreiben!“ Da hat wohl mein Herz gesprochen, denn mein Kopf war erstmal anderer Meinung. Der Arzt gab uns ein paar Tage Bedenkzeit. Wir dachten, unser Leben sei vorbei. Beide Mitte 20 und dann diese Diagnose... wie „schlimm“. Als wir zuhause waren, stand unsere ganze Familie da und versprach uns zu unterstützen, egal welchen Weg wir einschlagen werden. In der Nacht hatte ich einen Traum, in dem Mia zu mir sprach und sagte, dass sie uns unbedingt kennenlernen möchte. Ich sprang auf, es war 3 Uhr nachts. Ich hatte das Gefühl zu ersticken, wenn ich nicht sofort aus dem Haus gehe. Wir liefen mehrere Stunden spazieren und entschieden uns endgültig für unser Wunder. Ab da begann der Ärztemarathon, ständig hatten wir woanders einen Termin, unsere Freude auf Mia war nach den anfänglichen Ängsten noch viel stärker als vor der Diagnose. Wir knüpften Kontakte mit anderen Familien durch das Infocenter und erfuhren durch die Familien, was uns denn alles zusteht, was wir beantragen müssen usw. Von den Behörden, den Ärzten usw. wurden wir, was Infos anging, komplett alleine gelassen. Wir mussten uns einfach alles selbst erfragen, beibringen und recherchieren. Bis heute lernen wir immer noch Dinge dazu. Die letzten 5 Jahre mit Mia waren alles andere als leicht, wir sind unglaublich viel in verschiedensten Kliniken, haben insgesamt 5 Therapien die Woche, viele OPs hinter uns und leider auch noch ein paar vor uns. Egal, wie schlimm die Zeiten sind, die schönen Zeiten überwiegen definitiv. Dieses kleine Mädchen hat uns die Augen geöffnet und gelehrt, was wirklich wichtig im Leben ist. Mia ist unser Wunder und unser Sonnenschein, egal wie viele Steine uns noch in den Weg gelegt werden, wir geben niemals auf! Ein Lächeln von ihr verdrängt all den Schmerz und die Sorgen. Wenn wir nochmal ein zweites Kind bekommen und dieses wieder Trisomie 21 haben sollte, werden wir definitiv Luftsprünge machen vor Freude.


Jule

Jule ist der absolut positive und locker-machende Part in unserer Familie. Das war leider nicht von Anfang an so. Nachdem wir durch Vorsorgeuntersuchungen gewusst haben, dass unser Kind zu 99,9 % kein Down-Syndrom haben wird, waren wir bis zur Geburt sehr freudig und gelassen. Und dann der Schock nach der Entbindung, als die Hebamme sagte:

„Verdacht auf Down-Syndrom".

Man will das nicht wahrhaben und sucht an seinem Kind alle möglichen Merkmale die gegen die Diagnose sprechen. Bis dann, nach zwei Wochen, das Ergebnis der Genanalyse die unveränderlichen Fakten aufzeigt.

Wir waren anfangs sehr zwiegespalten mit unseren Gefühlen. Auf der einen Seite die Liebe zum Kind, auf der anderen Seite schämten wir uns vor anderen Menschen für unsere Tochter.

Anfangs sind wir nur im Wald mit ihr spazieren gewesen, um so wenig Leute wie möglich zu treffen. Wir mussten erst lernen mit ihr unter Menschen zu gehen. Aber es dauerte nicht lange und wir hatten Freude dabei sie anderen Leuten zuzeigen und waren auch bei den kleinsten Fortschritten mächtig stolz auf sie. So schockierend der Start von Jule ins Leben für viele war - Familie, Verwandte, Freunde - so viel Freude und Gelassenheit bringt sie jetzt in den Alltag von allen. Einzig der Opa hatte von Anfang an keine Probleme mit Jules Behinderung.

Er sagte:„Das Mädchen hat zwei Arme und zwei Beine, das passt schon": Und so ist es - es passt schon, und zwar richtig gut.


Mick

Am 23.09.2016 kam Mick als unser drittes Kind auf die Welt. Die Schwangerschaft verlief ohne Auffälligkeiten und Komplikationen, sogar beim Organscreening meinte der Arzt zu mir, dass alles völlig unauffällig sei. So erfuhren wir erst nach der Geburt, dass unser kleiner Sonnenschein ein kleines „Extra“ hat. Im ersten Moment ist für uns erstmal eine Welt zusammengebrochen, wir haben geweint und hatten Ängste, ob wir allem gerecht werden können, denn wir haben ja bereits zwei Kinder. Mick wurde dann nach Nürnberg in die Cnopf'sche Kinderklinik verlegt, da Kinder mit Trisomie 21 oft auch Herzfehler etc. haben. Mick hatte auch ein kleines Loch im Herzen, welches letztes Jahr mit einem kleinen Schirmchen verschlossen wurde. Leider haben wir seitens der Ärzte eher nur sehr wenig Informationen über das Down-Syndrom erhalten und fanden die Umgangsweise auch sehr kühl. Ein paar Schwestern auf der Station waren aber sehr liebenswürdig und haben uns etwas die anfängliche Angst genommen. Was uns dann auch sehr viel geholfen hat, war der Kontakt mit Familien, welche bereits ein Kind mit Trisomie 21 haben und uns zeigten, dass das Leben eben nicht „vorbei“ ist, sondern jetzt erst richtig anfängt. Im Nachhinein kann ich sagen, dass Mick das Beste ist, was uns passieren konnte! Er zeigt uns Tag für Tag, was wirklich wichtig ist im Leben. Seine Freude an so vielen kleinen Dingen und sein Gespür dafür, wenn es jemandem nicht gut geht, sind nur einige seiner wundervollen Eigenschaften! Durch Mick haben wir so viele liebe Menschen kennen und lieben lernen dürfen, wofür wir unendlich dankbar sind!

Nele

Dankbar für jeden Tag mit dir, geliebte Nele.

Diese Schwangerschaft war eine Achterbahnfahrt der Gefühle. In der 7. SSW erfuhren wir, dass es Zwillinge werden, was zunächst ein kleiner Schock war, der sich aber sehr schnell in große Vorfreude verwandelte. In der 30. SSW fiel ein kleiner Spalt am Herzen unseres Mädchens auf,

und nur über Papier erfuhren wir, dass wir damit ein stark erhöhtes Risiko für Trisomie 21 haben. Wir wurden leider nicht gut aufgefangen; ich sage es, wie es war: Wir wurden im Regen stehen gelassen. Ein Meer voller Tränen acht Wochen vor und noch einige Wochen nach der Geburt. Tränen, die ich so niemals hätte weinen müssen,

wenn ich nur gewusst hätte, dass es gut wird. Ärzte müssen lernen zu verstehen, dass Menschen mit Trisomie 21 keine Belastung, sondern eine Bereicherung für uns alle sind.

Es gibt keinen Grund, diese Menschen vorgeburtlich zu selektieren.

Das ist jetzt zweieinhalb Jahre her. Mit meinem Wissen jetzt kann ich sagen: Danke, lieber Gott, dass du uns diese wundervolle Tochter geschenkt hast. Sie ist eine Bereicherung für ihre Geschwister, Familie, Freunde.

Durch sie sehen wir das Glück der kleinen Dinge im Leben und schauen weit über unseren Tellerrand hinaus.

Nele ist ein Wirbelwind, der gerne mit den Geschwistern Fangen oder Verstecken spielt, außerdem klettert und rutscht sie total gerne und freut sich über alle, die ihr mit Freude begegnen.

Sie besucht seit ihrem 2. Lebensjahr zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Matteo die Krippe der Kindertagesstätte Pusteblume in Burgoberbach, dort besetzt sie 2 Plätze und das funktioniert so wunderbar, dass sie ganz normal ab September in den Regelkindergarten wechseln kann.

Nele bekommt Frühförderung in der Kita und ein bis zweimal im Jahr fahren wir mit ihr nach Baiersbronn im Schwarzwald, wo sie eine Intensivwoche mit Logopädie, Physiotherapie und Ergotherapie bekommt, um vor allem sprachlich gut voranzukommen. Wir machen gleichzeitig auch immer ein bisschen Urlaub und fahren mit der ganzen Familie dorthin.

Wir sind sehr stolz auf dich, Nele.


Luisa

Nach einer unkomplizierten dritten Schwangerschaft kam Luisa zu Hause zur Welt. Bei den Ultraschalluntersuchungen war alles unauffällig gewesen, deswegen stand einer Hausgeburt nichts im Wege.

Weitere Wunschuntersuchungen haben wir bewusst ausgelassen. Nach der Geburt stand die Vermutung der Trisomie 21 bei unserer Tochter im Raum. Dies wurde gleich im Krankenhaus Hallerwiese weiter untersucht und bestätigt. Hier stellten die Ärzte auch einen Herzfehler fest. Klar war uns, dass wir zu jedem unserer Kinder stehen. Bei der Ungewissheit, wie es nun weitergeht und was dies bedeutet, haben wir uns die Zeit genommen, um in der neuen Situation anzukommen. Wir haben mit Leuten gesprochen, um unseren Blickwinkel zu erweitern,

z. B. Laufclub 21 in Fürth, Personal der Frühförderung und natürlich die lieben Menschen um uns herum. Die Lust an der Bewegung ließ sie schon im Alter von 1,5 Jahren das Laufen lernen.

Doch wir machen mit Luisa weitere Erfahrungen. Wir sehen, dass vieles „Normale“ nicht einfach gelernt wird. Die geliebte Milchflasche gegen das Essen vom Tisch zu tauschen, war ein langer Prozess.

Beim Thema Verständigung mittels Worten stecken wir gerade inne.

Die Gebärden waren so leicht für sie zu lernen, doch leider verstehen wenige Menschen diese.

Eine Herzoperation im Alter von 3 Jahren ist gut verlaufen. Luisa geht in einen Regelkindergarten bei uns am Ort. Uns ist wichtig, dass Luisa viel selbständiges Handeln und Selbstbewusstsein vermittelt bekommt.

Sie turnt im ansässigen Sportverein mit gleichaltrigen Kindern, tanzt und fährt Laufrad. Auch hat Luisa eine Liebe zum Wasser und geht sehr gerne im Schwimm- oder Freibad rutschen und plantschen. Kontaktfreudig geht sie auf Menschen zu, versorgt gerne Tiere und möchte immer Spaß haben.

Sie genießt die Dinge und Momente, die ihr Spaß machen, und das ist so schön zu sehen. Wir sind gespannt, was wir noch voneinander lernen,

wohin wir gemeinsam gehen.

Wir freuen uns darauf!


Lucas

Wir haben bereits in der 12. Schwangerschaftswoche erfahren, dass Lucas das Down-Syndrom und einen Herzfehler hat. Meine Gynäkologin hat beim Vorsorge-Ultraschall eine verdickte Nackenfalte und ein Bauchödem gesehen, woraufhin sie uns zum Pränataldiagnostiker überwiesen hat. Dort wurde neben einigen Softmarkern, die typisch für das Down-Syndrom sind, auch der Herzfehler erkannt. Wir wollten Gewissheit haben, also haben wir eine Chorionzottenbiopsie durchführen lassen. Kurze Zeit später stand ich nun in unserem Wohnzimmer, das Handy in der Hand, und die Worte des Humangenetikers hallten in meinem Kopf: „Der Verdacht hat sich leider bestätigt, Ihr Baby hat Trisomie 21. Haben Sie sich schon Gedanken über einen Schwangerschaftsabbruch gemacht?“ Hatten wir natürlich nicht.

Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt. Und eigentlich passieren solche Sachen ja nur anderen Leuten. Nicht uns - so haben wir gedacht. Und bis zum Schluss haben wir gehofft, dass es vielleicht einfach nur eine verdickte Nackenfalte ohne Gendefekt war. Tja, falsch gedacht, lachte uns das Schicksal an und es zog uns den Boden unter den Füßen weg. Statt uns über Namen und Babyausstattung Gedanken zu machen, sollten wir uns entscheiden, ob wir unser Baby überhaupt bekommen. Wir waren naiv und haben nie einen Gedanken daran verschwendet, dass unser Baby einen Gendefekt haben könnte. Die Wochen nach der Diagnose habe ich hauptsächlich im Bett und auf dem Sofa verbracht, googelte im Internet nach Erfahrungsberichten und brach immer wieder ohne Vorwarnung in Tränen aus. Mein Freund war damit beschäftigt, mich zu trösten und sich um mich zu kümmern, obwohl er doch selbst mit der Situation überfordert war. Unsere Familien und Freunde haben ganz unterschiedlich reagiert, manche mit klugen Ratschlägen, was sie tun würden, egal ob wir das hören wollten oder nicht. Bei manchen Kommentaren und Meinungen kann ich heute nur mit dem Kopf schütteln. Manche hatten einfach nur ein offenes Ohr für uns. Richtig weiterhelfen kann einem in dem Moment aber natürlich keiner.

Ich war total im Zwiespalt. In mir hallte immer wieder der Gedanke, ich will kein behindertes Kind, aber ich will die Schwangerschaft auch nicht abbrechen. Völlig zerrissen und hilflos. Wir haben eine Schwangerschaftsbe- ratung bei der Diakonie in Anspruch genommen. Der Termin mit einer neutralen Person hat uns zwar durchaus gutgetan, richtig weitergebracht hat er uns aber nicht. Man bekommt zwar viele Hilfsangebote, aber dafür hätten wir selbst aktiv werden müssen, um diese in Anspruch zu nehmen. Dafür hat uns einfach die Kraft gefehlt.

Etwa in der 18. Schwangerschaftswoche habe ich in der Schwangerenambulanz an der Uniklinik Erlangen angerufen und unsere Situation geschildert. Ich habe am Telefon gesagt, dass ich Hilfe brauche und nicht weiß, was ich machen soll. Wir waren zweimal dort. Lucas wurde dabei gründlich untersucht, außerdem hat ein Gespräch mit einem Herzchirurgen s tattgefunden, der uns den Herzfehler einmal genau erklärt hat. Keine Ahnung warum, aber nach dem zweiten Termin sind wir von Erlangen heimgefahren und ohne, dass wir noch einmal darüber gesprochen haben, war das Thema Abbruch vom Tisch. Ich war einfach so erleichtert, endlich die Schwangerschaft genießen zu können. Heute glaube ich, dass meine Entscheidung von Anfang an feststand. Ich hätte mich nie gegen unseren Jungen entscheiden können. Lucas Herz wurde operiert, als er vier Monate alt war. Nach einer Woche haben wir die Klinik wieder verlassen. Mittlerweile ist er drei Jahre alt, besucht einen integrativen Regelkindergarten und entwickelt sich wie jedes andere Kind auch. Es dauert eben nur alles etwas länger. Er ist ein fröhlicher, kleiner Junge, der uns zwar manchmal nah an unsere Grenzen bringt, dafür aber auch jeden Tag zum Lachen. Weder das Eine noch das Andere liegt aber am Down-Syndrom, sondern daran, dass er unser Lucas ist, der eben ein Chromosom mehr hat, als wir.


Franziska

Franziska wurde 6 Wochen zu früh in Fürth geboren.


Wir wussten damals nicht, dass sie mit einem EXTRA auf die Welt kommen würde. Wir hatten uns bewusst, auch bei den beiden vorangegangenen Schwangerschaften, gegen Pränatal-Diagnostik entschieden.

Warum? Weil man immer vorher wissen sollte, welche Konsequenz eine solche Untersuchung haben kann und wie man dann damit umgeht. Diese Entscheidung wollten wir bewusst nie treffen müssen.


Natürlich hat uns die Diagnose erstmal aufgrund von Unwissenheit getroffen und ich als Mama wusste erstmal gar nicht wie ich damit umgehen sollte. Für Franzis Papa lag es allerdings direkt auf der Hand: „Es ist doch egal ob sie das Down-Syndrom hat oder nicht, es ist unsere Tochter“. Ich werde ihm für diese Worte immer dankbar sein, denn sie waren damals das Einzige, was mir Hoffnung gab. Leider war in der Klinik im Jahr 2008 keiner dazu in der Lage, uns Informationen über das Down-Syndrom zu geben.


Meine hilflose Frage an den damaligen Chefarzt der Kinderklinik lautete: „Was soll ich jetzt machen“? Seine Antwort: „Entweder Sie nehmen Ihre Tochter mit nach Hause oder lassen Sie hier“!


Worte – die man niemals vergisst. Ich als Mama habe einige Wochen gebraucht, um mit der neuen Le- benssituation umzugehen und ich hatte tatsächlich auch Schwierigkeiten „dieses Kind“ anzunehmen.

Meine Familie hat uns dabei unterstützt Informationen einzuholen und eines Tages stand für mich fest: „Ich liebe dieses Kind. Es ist mein Kind und ich werde alles dafür tun, dass Franziska so gut wie möglich gefördert wird und ihren Weg gehen darf“.


Die ersten Jahre waren geprägt von Terminen bei der Krankengymnastik, Ergotherapie und Logopädie. Gleichzeitig verliebten sich Alle Tag für Tag mehr in unseren Sonnenschein und sie war nicht mehr wegzudenken.

Mit einem Jahr besuchte sie dann mit großer Begeisterung eine Kinderkrippe, später dann einen Montessori-Kindergarten. Von Beginn an besucht Franziska mit ihrer Schulbegleitung eine Regelschule.


Es war nicht immer leicht und wie sagt man immer so schön? „Um ein Kind aufzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“


Dieses bekannte afrikanische Sprichwort wird immer wieder zitiert, um deutlich zu machen: Bildung und Erziehung sind keine Sache allein der Eltern oder der Schule. Es ist eine gesellschaftliche Aufgabe!


Franziska interessiert sich für Musik, für Tanzen und Malen. Sie reitet und verwöhnt ihre Lieben mit ganz viel Streicheleinheiten und zärtlichen Worten. Gegen nichts in der Welt würden wir sie eintauschen wollen.


Unser Wunsch für sie ist eine Berufsausbildung die ihr Spaß macht, Anerkennung als Person, viele Freunde und Menschen die ihr aufgeschlossen gegenübertreten, eine Wohngruppe mit tollen Leuten für die Freizeitgestaltung und weiterhin mega viel Selbstbewusstsein!


Ein Kind mit einer Behinderung mag durchaus eine Herausforderung sein.


ABER: „Leben ist das mit der Freude und den Farben. Nicht das mit dem Ärger und dem Grau“.


Luke

Hi, ich bin Luke.

Wie du siehst, spiele ich sehr gerne mit meinen Freunden Fußball und auch im Verein. Ich schwimme gerne, fahre Ski und mag Fahrradfahren. Ich gehe mit meinen Freunden zur Schule. Ich habe tolle Freunde, und sie sind für mich richtig wichtig. Ich lerne von ihnen, und sie von mir :).

Manchmal brauche ich etwas mehr Zeit für etwas, und das verstehen sie richtig gut. Ich habe das Down-Syndrom. Ich erkläre es dir: In jeder Zelle in meinem Körper ist ein Pünktchen mehr als bei dir. Dieses Pünktchen nennt man „Chromosom“.

Das Chromosom mit der Nummer 21 ist bei mir dreimal da, anstatt nur zweimal.

Manche nennen es auch Trisomie 21.

Wegen dem Chromosom mit der Nummer 21, das dreimal da ist bei mir, habe ich das Down-Syndrom. So ist das bei mir und auch bei anderen Kindern mit Down-Syndrom. Das ist von Geburt an so. Es gehört zu mir. Das bin ich.

Mir geht es gut damit, weil ich trotzdem überall mitmachen kann.

Hätten das mal meine Eltern gewusst, als ich geboren wurde... Die waren nämlich ziemlich aufgeregt, weil sie da noch nicht wussten, dass es mir mal so gut geht!

RESPEKT und DANKE an alle, die für mich und meine Familie da sind, weil ich dadurch so ein schönes Leben habe.

Das nennt man übrigens auch „Inklusion“.

Nicht für uns, sondern mit uns!

Euer Luke


Maxi

Maxi ist unser drittes Kind. Die Schwangerschaft verlief komplikationslos. Wir waren beim gleichen Frauenarzt wie bei den beiden großen Kindern. Der meinte, wir sind 30 Jahre alt und es ist unser drittes Kind, wenn wir möchten, können wir eine Fruchtwasseruntersuchung machen, von seiner Seite aus denkt er, ist alles okay. Wir wollten keine besonderen Untersu- chungen, nur ein Gehirnströmungstest wurde gemacht, da der Arzt das Gerät neu in der Praxis hatte. Das Ergebnis war laut des Arztes sehr gut. Maxi kam per geplantem Kaiserschnitt zur Welt. Wir bemerkten etwas unruhige Blicke vom Arzt und der Hebamme, es hat keiner was gesagt.

Drei Tage später bei der ersten U-Untersuchung meinte die Kinderärztin, sie hätte einen Verdacht auf Down-Syndrom, wir müssen einen Gentest machen lassen. Dass sie mir das allein gesagt hat, war richtig ungut, so eine Vermutung muss beiden Eltern gemeinsam gesagt werden.

Ich war verzweifelt und wir hofften alle zwei Wochen lang, dass es nicht so ist. Die erste Zeit war sehr schwer für mich, meine Familie gab mir Kraft und alle freuten sich, wie gut sich Maxi entwickelt. Er liebt das Leben von Anfang an und er ist ein Genießer. Maxi besuchte den Regelkindergarten und sieben Jahre lang die Regelschule im Ort. Er ist ein Teil der Gemeinde und hat mit seinen Klassenkameraden konfirmiert. Ab der 8. Klasse besuchte er die G-Schule und dort die Berufsschulstufe. Er fand schnell Anschluss und viele Freunde, ging immer gern dorthin. Mittlerweile besucht er den Berufsbil- dungsbereich der Lebenshilfe und möchte in einer Außenstelle arbeiten, das testet er demnächst bei verschiedenen Praktika. Er engagiert sich bei den Special Olympics, ist da viel unterwegs. Er spielt sehr gerne Basketball und freut sich bei Turnieren mitzuspielen und seine Mannschaft anzufeuern. Maxi liebt alle Feiern und genießt die Gesellschaft.

Maxi ist ein riesengroßes Geschenk.


Freda

Die Schwangerschaft mit Freda verlief zunächst normal, bis bei einer Routinekontrolle um die 11. Woche eine verdickte Nackenfalte festgestellt wurde. Sofort kamen tröstende Worte vom Frauenarzt und die Nachfrage, ob ich wüsste, was dies bedeuten könnte. Es wurde schnell über Pränatal-Diagnostik gesprochen und vorsichtig zum Thema Abbruch nachgefragt, was ich direkt ablehnte. Bei der Erwähnung von Trisomie 16 oder 18 wurde mir nahegelegt, es mir noch einmal zu überlegen.

Zuhause wurde ich von einem emotionalen Chaos überrannt.

Alle Vorstellungen von unserem scheinbar „selbstverständlichen“ dritten Kind und den genauen Vorstellungen über unser zukünftiges Familienleben brachen in sich zusammen. Ein tröstendes Gespräch, Schritt für Schritt vorzugehen und von einer zur anderen Untersuchung zu schauen, brachte erstmal Ordnung in das emotionale Chaos. Diese Stütze erfuhren wir durch unsere Familien, nicht durch Ärzte oder Fachpersonal.

Warum wir? Jetzt kann ich sagen: Weil wir genau die richtige Familie für unsere Freda sind. Im Kopf die Worte des verstorbenen Opas meines Mannes: „Gott gibt uns nur Aufgaben, die wir bewältigen können.“

So ordneten wir uns Woche für Woche, klärten alles nach und nach ab.

Die Ärzte der Pränataldiagnostik waren überrascht über unseren Umgang mit der Situation, unsere Selbstverständlichkeit, Freda so anzunehmen, wie sie ist. Da bei Freda organisch alles unauffällig war, konnten wir uns daran festhalten und die Ungewissheit beiseiteschieben.

Während der Schwangerschaft und auch nach der Geburt überlegten wir, wie wir mit der Thematik umgehen wollen. Sollten wir immer sagen, dass Freda Trisomie 21 hat? Was bedeutet das für Freda? Stecken wir sie direkt in eine Schublade, noch bevor sie geboren ist oder jemand sie kennengelernt hat? Relativ schnell beschlossen wir einen offenen Umgang. Die Reaktionen waren oft traurig, mitfühlend, verhalten. Ein Zeichen, dass wenig Berührungspunkte und Wissen über das Down-Syndrom vorhanden sind. Nach der Geburt war klar: Freda ist einzigartig und wunderbar, wie sie gemacht ist. Jeden Tag verzaubert sie uns mit ihrem fröhlichen Gemüt und ist aus unserem Leben nicht wegzudenken.

Als Mama mache ich mir natürlich in vielerlei Hinsicht mehr Sorgen um Freda als um ihre Brüder, gerade wegen der vielen medizinischen Besonderheiten und der kognitiven sowie sprachlichen Entwicklung. Dies zehrt oft sehr an mir und bereitet mir schlaflose Nächte.

Eines ist allerdings sicher: Freda hat unser Leben bereichert und prägt es in so vielen Dingen. Sie lässt uns vieles bewusster wahrnehmen, entschleunigt unseren Alltag, da eben alles ein bisschen länger dauert.

Aber dann, bei jedem kleinsten Schritt,

freuen sich alle aus tiefstem Herzen mit unserer Freda.


Ylva

Offiziell wussten wir nicht von deinem kleinen Extra, doch ahnte ich es schon früh in der Schwangerschaft. Obwohl ein Softmarker beim Organscreening auffällig war, verzichtete ich auf weitere Tests. Eine Abtreibung kam für uns nach einer Fehlgeburt in der 21. SSW und einer Frühgeburt in der 24. SSW nicht in Frage. In der 34. SSW durfte ich dich, mein kleines Wunder, das erste Mal in den Armen halten. Leider nur ganz kurz – du wurdest sofort auf die Neo-Intensiv-Station verlegt und brauchtest Sauerstoff. Papa war zu deinen Brüdern nach Hause gefahren, und ich saß an deinem Inkubator, streichelte deine kleinen Hände.

Zwei Ärzte kamen ins Zimmer, erklärten mir, dass du zwei kleine Löcher im Herzen hättest, deine Muskulatur auffällig schlaff war und du weiterhin Sauerstoff benötigst. Sie umschrieben die Situation, bis ich direkt nachfragte, ob sie vom Down-Syndrom sprachen.

Nach einem kurzen Gespräch war ich wieder alleine mit dir – meinem kleinen Wunder. Obwohl ich es geahnt hatte, brach eine Welt für mich zusammen. Drei Wochen verbrachten wir in der Kinderklinik. Leider hatten die meisten Ärzte und Schwestern Hemmungen, mit mir über dein Extra zu sprechen. Zum Glück hatte ich meine wunderbare Familie und viele liebe Menschen, die mich auffingen und mir Mut machten.

Deine Entwicklung verlief langsamer als bei deinen Brüdern, doch erlebte ich jeden Entwicklungsschritt umso intensiver. Deine Energie und Fröhlichkeit waren von Anfang an beneidenswert. Was blieb, war jedoch der wiederkehrende Sauerstoffbedarf, dessen Ursache unklar war.

Mit fast 3 Jahren wurde eine lebensbedrohliche Fehlbildung an deiner HWS festgestellt. Es folgte eine große, beängstigende OP, aber schon zwei Tage danach verzaubertest du das gesamte Klinikpersonal mit deinem Charme. Der Sauerstoffbedarf nachts blieb, doch dein Leben war gerettet.

Du bist so ein glückliches, fröhliches Mädchen, das unser Leben immer wieder durcheinanderwirbelt. Ich bewundere deinen starken Willen und deine Empathie anderen Lebewesen gegenüber. Deine Gefühle sind immer echt. Durch dich habe ich gelernt, geduldig und gelassen zu sein, mich auf das Wichtigste zu reduzieren und jede noch so kleine Kleinigkeit zu schätzen. Ich liebe es, zu sehen, wie du die Welt auf deine Art entdeckst und wie du mit deiner Tonie-Box unsere Küche zu deiner Bühne machst.

Wenn ich müde bin, weil du nachts wieder Sauerstoff gebraucht hast, oder mutlos bin und kleine schwarze Wolken mein Herz verdunkeln, nimmst du mich in den Arm. Ich brauche nur in deine strahlenden Augen zu sehen, dann bin ich wieder mit Liebe und Dankbarkeit erfüllt. Egal, welche kleinen oder großen Hürden wir zusammennehmen müssen, ich bin dankbar und so stolz, dass ich deine Mama sein darf.


Jonas

Am 14.06.2016 fuhren wir mit Vorfreude in die Klinik, denn an diesem Tag war der geplante Kaiserschnitttermin unseres zweiten Kindes.

Die Schwangerschaft verlief unauffällig. Und dann war er da – unser Jonas. Stille im OP, keine Gratulation, nur Schweigen. Uns fiel auf, dass Jonas etwas komisch zerknautscht aussah. Wir wussten nicht, was los war. Kurz darauf wurde Jonas für weitere Untersuchungen weggebracht, ich kam ins Aufwachzimmer, und mein Mann wurde auf die Station geschickt.

Die anschließende Vermittlung der Verdachtsdiagnose Trisomie 21 durch die Ärzte war schrecklich, irgendwie unpersönlich und kalt. Der Transport von Jonas in eine Kinderklinik nach Nürnberg war bereits organisiert, meiner auch in Planung. Mir wurde noch ein Infopaket zum Down-Syndrom mit auf den Weg gegeben – und Tschüss. Ich fiel erst einmal in ein tiefes, schwarzes Loch. Im Nachhinein betrachtet und nach dem Lesen einiger Berichte und Bücher geht es vielen Eltern in den ersten Wochen oder Monaten ähnlich. Ich bin ehrlich – ich brauchte einige Zeit, um die Diagnose zu akzeptieren und Jonas so anzunehmen, wie er ist. Jonas machte es mir einfach, er war ein zufriedenes Baby. Und Stück für Stück wurde meine Traurigkeit weniger.

Es standen viele Termine bei Ärzten und Therapeuten an, die Jonas immer sehr gechillt über sich ergehen ließ. Er machte stetig Fortschritte, wenn auch viel langsamer als andere Kinder in seinem Alter.

Wir haben glücklicherweise Familie und Freunde, die uns immer unterstütz- ten und für uns da waren und sind. Im Januar 2019 begann für Jonas seine Zeit als Schneemäuschen in unserer örtlichen Kinderkrippe. Er wurde mit all seinen Eigenheiten (spezielles Essverhalten, ein bisschen „faul“, ...) super aufgenommen und integriert. Es gab keinen Tag, an dem er nicht gerne hinging. Auch die Frühförderung fand in der Krippe statt. Im September 2021 stand der Wechsel in den Kindergarten an, wobei Corona und eine vom Bezirk nicht genehmigte Integrationshilfe uns fast einen Strich durch die Rechnung gemacht hätten. Es klappte dann doch, und Jonas durfte zur Pinguingruppe in den Kindergarten wechseln. Dies war erstmal eine große Umstellung für ihn, die er aber mit Bravour meisterte. Ein paar Freunde aus der Krippe waren in der gleichen Gruppe, und so fand er schnell Anschluss. Seit September 2023 ist Jonas in der 1. Klasse, und auch diesen Schritt bewältigt er großartig. Ich würde mir manchmal gerne etwas von Jonas‘ Unbeschwertheit leihen. Mal schauen, was die Zukunft noch so bringt!


Gustav

Im Rückblick erscheint es mir naiv, den Pränataltest bewusst abgelehnt zu haben, ohne überhaupt Informationen über das Down-Syndrom zu haben. Meine Beweggründe waren, dass das Kind laut Ultraschall körperlich gesund war und im Fall der Fälle ein breit aufgestellter Diakonie-Standort in der Nachbarschaft ist.

Gustav kam durch natürliche Geburt ohne Herzfehler zur Welt. Wegen eines Pleuraergusses, der sich von allein zurückbildete, musste er 10 Tage im Krankenhaus bleiben. Direkt nach der Geburt konfrontierten uns die Ärzte mit ihrer Vermutung, die wir Eltern auch erkennen konnten. Die Bestätigung bekamen wir etwa 2 Wochen später. Erste Informationen über das Down-Syndrom erhielten wir in der Klinik aus der Info-Mappe des DS-InfoCenters. Trotz des Schocks, der viele verheulte Stunden nach sich zog, fühlte ich mich sofort eng mit dem Säugling verbunden. Das Stillen klappte zunächst nur teilweise, zuhause gelang es nach einigen Wochen Übung vollständig.

In Gustavs Papa lösten die Nachrichten Zukunftsängste und dunkle Gedanken aus, die in panischer Informationssuche mündeten.

Seine Hilflosigkeit erkannte er schnell und erhielt sofort psychologische Unterstützung wegen einer diagnostizierten Wochenbettdepression.

Der emotionale Bindungsaufbau zu Gustav begann ab dem 4. Monat. Unterstützung erhielten wir vom Krisendienst Mittelfranken in den ersten Wochen, der Frühförderung ab der 6. Lebenswoche und vor allem durch neue Kontakte, aus denen mittlerweile einige Freundschaften entstanden sind, die ohne unsere „extra“-Kinder wahrscheinlich nicht zustande gekommen wären.

Bisher sind keine echten Schwierigkeiten auf Gustavs Weg aufgetaucht. Die Bürokratie raubt natürlich des Öfteren den letzten Nerv, aber meist aufgrund unserer mangelnden Erfahrung. Letztendlich wurde alles von der Pflegestufe bis zur Kita-Begleitung genehmigt.

Wir Eltern üben uns nach wie vor in Geduld: Meilensteine wie Sitzen, Krabbeln und Laufen wurden nach langem Warten erreicht und machen uns sehr stolz. Momentan warten wir auf die ersten Worte.

Die Sorge, dass sich unser Familienleben durch ein behindertes Kind grundlegend ändern würde, hat sich bisher nicht bestätigt. Wir planen unseren Alltag und Urlaub völlig normal für eine fünfköpfige Familie mit Kleinkind. Reisen in unterschiedlichen Verkehrsmitteln bereiten Gustav Freude. Therapien und zusätzliche Arzttermine integrieren sich gut in unseren Alltag. Therapeuten, Babysitter, Au-Pair und Erzieherinnen werden von Gustav freundlich akzeptiert, sodass die Rückkehr in den Beruf aus der Elternzeit nicht später erfolgte als bei den älteren Brüdern.


Lea

Ein Geschenk des Himmels.

Bereits in der Schwangerschaft erfuhren wir im Rahmen der Feindiagnostik von Leas Herzfehler und der Trisomie 21. Eigentlich wollten wir diese Untersuchung gar nicht, denn für uns beide stand fest, dass eine Abtreibung nicht infrage kommen würde. Nun hatte es die Frauenärztin aber doch geschafft, mich zu der Untersuchung zu überreden, ihr Argument – evtl. mögliche organische Schäden (z. B. Herzfehler) zu erkennen und im Fall der Fälle gut darauf vorbereitet zu sein – hatte mich überzeugt. Und tatsächlich bekamen wir am Untersuchungstag zwei Hammerdiagnosen auf einmal: Herzfehler und ziemlich wahrscheinlich Trisomie 21! Wir wussten die ersten Tage und Wochen tatsächlich nicht, was uns größere Sorgen bereiten sollte. Die Wochen vor der Geburt waren jedoch eine gute Gelegenheit, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, und schließlich fieberten wir dem Tag der Geburt gespannt, aber freudig und zuversichtlich entgegen.

Der bedingungslose Rückhalt der Familie war uns gewiss, darüber waren und sind wir auch heute noch sehr dankbar. Lea kam in Erlangen per Kaiserschnitt zur Welt, und der Herzfehler konnte mit 4,5 Monaten erfolgreich korrigiert werden. Da fiel uns natürlich eine große Last von den Schultern. Tatsächlich kam alles so, wie wir es uns so sehr erhofft hatten. Unsere Zuversicht war nicht naiv! Unser Vertrauen war richtig und wichtig! Lea entwickelt sich von Anfang an prächtig. Mit 20 Monaten begann sie zu laufen, mit 2,5 Jahren zu sprechen.

Sie hatte eine tolle Zeit im Regelkindergarten und besucht nun die Regelschule mit einer Schulbegleitung in der 1. Klasse. Bei den meisten Dingen braucht Lea zwar etwas länger als andere Kinder, dafür ist sie jedoch im sozial-emotionalen Bereich den meisten Kindern um Jahre voraus. Wir persönlich genießen die kleine Entwicklungsverzögerung sogar, so haben wir doch ein bisschen länger was von dieser wunderschönen einmali- gen Zeit. Jeder Tag, an dem Lea bei uns ist, ist ein Geschenk des Himmels. Sie bereichert unser Leben unglaublich, und wir sind unendlich dankbar, dieses Abenteuer erleben zu dürfen und durch Lea die Möglichkeit erhalten zu haben, so viele Dinge mit ganz anderen Augen zu betrachten. Sie bringt die Freude und das Glück in unser Leben, und wir könnten uns nichts Schöneres vorstellen, als ihre Eltern zu sein. Nicht nur Lea lernt von uns, auch wir lernen jeden Tag aufs Neue von ihr. Ihre pure Lebensfreude, ihr Einfühlungsvermögen, ihre einfache und unkomplizierte Art, ihre Hilfsbereitschaft, ihr Talent, alles positiv zu sehen und alle Menschen genauso anzunehmen, wie sie nun mal eben sind, ist einfach unglaublich wohltuend. Unsere Tochter ist definitiv das Beste, was uns in unserem Leben passiert ist! Sie ist perfekt, genauso, wie sie ist!


Lukas

„Auserwählt“ war einer der ersten Gedanken, auserwählt als Eltern für dieses besondere Kind.

Freude und Schmerz in einem, Freude über dieses kostbare Wesen, das uns anvertraut wurde und Schmerz darüber, dass Menschen ihn spüren lassen werden, dass er anders ist.


Deal mit Jesus, da er uns solch ein besonderes Baby zutraut, er uns auch mit allem ausrüstet was wir brauchen, um ihm liebevolle Eltern zu sein.

Glaube und Vertrauen, um mutig alle Herausforderungen und Hindernisse anzugehen.


Glücklich, Lukas in unserer großen Familie zu haben, in der jeder besonders und eine Bereicherung für den anderen ist.


Dankbar für alle Meilensteine (Stillen, Herz-OP, Kauen lernen, die ersten Worte, Laufen lernen, alle möglichen fahrbaren Untersätze bezwingen,

Fahrrad fahren, Lesen und Schreiben lernen, Schwimmen, der erste Salto im Trampolin und noch vieles mehr), die wir gemeinsam gemeistert haben und uns nicht damit zufrieden gegeben haben, dass Kinder mit Down Syndrom eben so sind.


Selbstwertgefühl, so wichtig und wertvoll unseren Kindern mitzugeben. Sie zu starken Persönlichkeiten zu erziehen, egal ob mit oder ohne dem gewissen Extra. Selbstständigkeit zu fördern und zuzutrauen es selbst tun zu können. Immer wieder herausfordernd, aber es lohnt sich.


Geduldig zu sein durften und dürfen wir ganz neu lernen.

Einen langen Atem haben und wissen, was wir uns für unser Kind wünschen und es mutig angehen.

Humor, um gemeinsam zu Lachen und das geschenkte Leben zu genießen.


Liebe ohne Ende.


Timo

Als wir erfuhren, dass Timo das Down-Syndrom hat, waren wir zunächst perplex und geschockt. Die Diagnose erhielten wir, als Timo drei Monate alt war. Bis dahin zeigte er keine sichtbaren Anzeichen des Down-Syndroms. Plötzlich wurde uns der weitere Lebensweg unseres Kindes anhand von Beispielen anderer Menschen mit Down-Syndrom in düsteren Farben ausgemalt. Dramatische Berichte im Internet zogen uns noch weiter herunter. Doch dann fanden wir neuen Mut. Wir erinnerten uns daran,

dass wir schon Schlimmeres gemeistert hatten.

Timo lernte, auf die Toilette zu gehen, zu laufen und viele andere Dinge - wenn auch später als seine Geschwister. Glücklicherweise unterscheidet sich der Lebensweg eines Menschen von dem anderer Menschen.

Heute ist Timo unser Sonnenschein und bringt die ganze Familie zum Lachen.


Jonas

Schon einige Wochen vor der Geburt wussten wir vom Befund Down-Syndrom. Damit war alles anders als bei unserem ersten Kind.

Und doch war vieles dann sehr gleich oder eröffnete Erlebnisse und Kontakte, die wir so nie gehabt hätten. Es gab und gibt natürlich immer auch wieder besondere Herausforderungen, und das wird uns ein Leben lang begleiten. Aber alles was zählt ist, dass unser Kind inzwischen ein junger Mann ist, der weiß, was er will, in sich ruht und mit Freude am Leben teilnimmt.


Marlon

Ich bin Marlon.

Ich kam 2012 als kleiner Bruder auf die Welt.

Das ich ein kleines Extra im Gepäck habe, das konnte ich vor meiner Geburt gut verstecken. Zwar war da bei einer Routineuntersuchung mal etwas auffällig gewesen, aber beim Dritten Termin war sich der Arzt sicher, dass das nichts gravierendes ist und sich das im ersten Lebensjahr verwächst, ja das dies sein Sohn auch hatte.


Somit blieb erstmal alles entspannt, bis vier Wochen vor dem Geburtstermin. Da meinten die Ärzte dann auf einmal ich sei zu klein und nicht mehr richtig versorgt. Daher musste Mama im Krankenhaus bleiben und 5 Tage später haben sie mich aus meinem gemütlichen Nest geholt.

Und dann waren alle gleich so neugierig, haben alles genau angeschaut und meinten, es sei zwar süß wie ich mit der Zunge herum mache, aber das ist ein Zeichen für Down Syndrom. Ebenso sagten sie, dass ich eine Vierfinger Linie habe und eine Sandalenfuche.


Mama und Papa waren allerdings von dem was die Ärzte erzählten nicht angetan. Ich glaube sie hatten sehr gemischte Gefühle bei meinem Anblick. Den Omas und Opas war das von Anfang an aber egal. Die hatten mich sofort ins Herz geschlossen. Und mein Opa "Zack Zack" Josef, der sagte später immer, dass ich nicht Dumm bin, auch wenn ich manches nicht so gut kann wie andere, zum Beispiel das Sprechen.


Der Opa Zack Zack und die Oma Marga mit der leckeren Nudelsuppe, die beiden vermisse ich noch immer. Leider mussten sie vor drei Jahren in den Himmel gehen. Ich bin inzwischen 11 Jahre alt und habe meine Eltern zwischendurch manchmal ganz schön auf Trab gehalten.


Aber machen das eh nicht alle Kinder? Gesundheitlich bin ich soweit total fit. Nur sagen Mama und Papa immer, dass ich auch ziemlich bockig sein kann.

Stimmt doch gar nicht, oder?


Patrick

Am 20.07.2004 kam unser Patrick nach einer sehr unkomplizierten Schwangerschaft zur Welt. Er ist unser drittes Kind und wurde genauso sehnlich erwartet wie seine Geschwister zuvor. Nach einer problemlosen Geburt, als mein Mann bereits gegangen war, um unseren anderen Kindern die freudige Nachricht von ihrem kleinen Brüderchen mitzuteilen, kam der Kinderarzt zu mir und sagte: „Herzlichen Glückwunsch, aber leider hat Ihr Kind das Down-Syndrom.“ In diesem Moment war ich alleine und vollkommen schockiert, denn ich hatte keine Ahnung, was das Down-Syndrom bedeutet. Obwohl ich von Menschen mit dieser Behinderung gehört hatte, hatte ich bisher keinen persönlichen Kontakt zu ihnen gehabt. Der Kinderarzt erklärte mir, dass Patrick anders sein würde als andere Kinder und nicht die Möglichkeit haben würde, einen Regelkindergarten oder eine Regelschule zu besuchen. Es fühlte sich an wie ein schlechter Traum, und die ganze Welt schien zusammenzubrechen. Unser harmonisches Familienleben musste nun umgestellt werden.

Wie würden wir das alles schaffen, ohne dass eines unserer Familienmitglieder benachteiligt wird? Und wie sollten wir es unseren Verwandten und Freunden erklären?

Die Geschwister waren jedoch einfach nur begeistert von ihrem kleinen Bruder, der wirklich sehr goldig, brav, liebenswert und hübsch war. Gemeinsam beschlossen wir, Patrick alles zu geben, was wir konnten.

Denn das Wichtigste war, dass wir ihn über alles liebten, und das war alles, was zählte. Liebe war der Motor, der uns vorantrieb. Unser Leben als Familie zu fünft begann, und wir haben es sehr gut gemeistert.

Wir haben Patrick so angenommen, wie er ist.

Patrick besuchte vier Jahre lang einen Regelkindergarten und drei Jahre lang eine Regelschule. Wir gingen gerne den schwierigen Weg der Inklusion und waren überzeugt, dass dies die beste Zeit für unseren Sohn war.

Aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme, insbesondere seines verschlechterten Hörvermögens, wechselten wir Patrick auf eine Förderschule. In diesem Jahr wird Patrick seine Schulzeit abschließen und im September sein Arbeitsleben in der Werkstatt Brodswinden beginnen.

Nun bist du bereits 19 Jahre alt, Patrick. Die Zeit vergeht so schnell. Möge jeder Tag deines Lebens mit Strahlen der Hoffnung, Freude, Liebe, guter Laune und Sonnenschein gesegnet sein. Denn ohne dich in unserem Leben könnten wir niemals so glücklich sein. Wir sind alle so dankbar, dass wir dich haben. Wir sind immer füreinander da und haben viel Spaß zusammen.

Du bist so musikalisch talentiert, ein hervorragender Tänzer und schaffst es, deine Mitmenschen durch deine humorvolle Art zum Lachen zu bringen.

Vor 19 Jahren schenkte uns das Leben dich, und gemeinsam als Familie haben wir viel erlebt und gelernt. Die wichtigste Lektion dabei ist: „Entweder man mag dich so, wie du bist, oder eben nicht. Aber eine andere Version von dir wird es niemals geben.“

Wir lieben dich über alles, unser lieber Sohn, Bruder, Enkel, Neffe und Onkel Patrick!


Sophie

Sophie

Vanessa

Du bist etwas Besonderes in meinen Augen, genau so,

wie du bist.

Ich habe dich lieb.

Über alles!

Deine Mama.


Christian

Unser Christian kam in der 35. Schwangerschaftswoche per Notkaiserschnitt im Klinikum Hallerwiese/Cnopfsche Kinderklinik zur Welt. Die ersten Stunden musste er mit Sauerstoff versorgt werden.

Außer, dass er mit 42 cm klein und mit 1690 g leicht war, war nur seine Stupsnase für uns auffällig.

Nach ca. zwei Wochen baten uns die Ärzte zu einem Gespräch. Uns wurde der Verdacht auf Down-Syndrom geäußert und uns wurde ein Gentest empfohlen. Dieser bestätigte die Diagnose Down-Syndrom. Einen Herzfehler hatten bzw. haben wir nicht.

Inzwischen ist Christian fast 15 Jahre alt, ein junger „Mann“, der weiß, was er will. Er ist lebensfroh, sehr dominant, redet viel und gern, kocht und backt gerne, ist sehr hilfsbereit, liebt Musik und geht bzw. macht gerne Party.




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